Der Erbgang wurde aufgrund einer bestehenden letztwilligen Verfügung eröffnet, doch einzelne Erben möchten dieses Testament anfechten. Gründe hierfür kann es zahlreiche geben. Erben fühlen sich übergangen, rechtswidrige Regelungen wurden vom Erblasser verfügt und führten zum Streit ums Erbe. Im nun folgenden Artikel möchten wir Ihnen alle relevanten Informationen zur Anfechtung eines Testaments aufzeigen und uns insbesondere den Erfolgsaussichten, Voraussetzungen und möglichen Kosten widmen.
Der Gesetzgeber regelt im 14. Teil des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) die Rechtsgrundlagen der letztwilligen Verfügung. Neben der Verfügungsfreiheit des Erblassers werden hier auch Hemmnisse für ein gültiges Testament im Detail ausgewiesen und somit die Rechtslage der Anfechtung eines Testaments begründet.
So gibt der Gesetzgeber mitunter vor, dass ein Erblasser verfügungsfähig sein muss und darüber hinaus geschützte Ansprüche gesetzlicher Erben in seinem Testament beachten muss.
Will ein Erbe ein Testament anfechten, so hat er hierfür nicht unbegrenzt Zeit. Obgleich im Schweizer Erbrecht geregelt ist, dass eine Anfechtung grundsätzlich binnen einer Frist von 10 Jahren erfolgen muss, gibt der Gesetzgeber gibt vor, dass binnen Jahresfrist, berechnet ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Ungültigkeitsgrundes, die Einbringung der Klage zu erfolgen hat. Die in der praxis relevante Anfechtungsfrist für ein Testament beträgt somit 1 Jahr ab Eintritt des Erbfalls oder ab Kenntnis des Todes des Erblassers.
Grundsätzlich dürfen nur jene Erben ein Testament anfechten, die einen Nutzen aus der Testamentsanfechtung ziehen und deren gesetzliche Erbansprüche durch die letztwillige Verfügung benachteiligt oder verletzt wurden. Zudem darf das Testament erst dann angefochten werden, wenn der Erbfall eingetreten ist. Der Testator muss also tot sein und die Anfechtungsgründe eines Testaments müssen rechtlich haltbar sein.
Nicht selten kommt es bei Erben zu Augenblicken der Enttäuschung oder Ungläubigkeit, wenn ein Testament eröffnet und verlesen wird. Doch nicht immer ist der Anstoss derartiger Gefühle gleichzusetzen mit den – im Erbrecht definierten – Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung der letztwilligen Verfügung gleich zu setzen. Doch welche Gründe für eine Anfechtung des Testaments entsprechen den gesetzlichen Voraussetzungen, um ein Testament anfechten zu können? Grundsätzlich gibt es neben grundlegenden Begründungen zum Beispiel in Form einer nicht gegebenen Testierfähigkeit oder Formfehlern mitunter folgende Gründe für die Testamentsanfechtung:
Oftmals wird ein Testament angefochten, weil auf Seiten des Erblassers eine irrtümliche Annahme vorliegt. Häufig ist es hierbei ein Motivirrtum, welches zur Anfechtung führt. Dieser liegt dann vor, wenn ein Testator beim Testament erstellen ein bestimmtes Ereignis berücksichtigt hat, das dann aber nicht eingetreten ist. Hin und wieder kommt es auch vor, dass ein Testator versehentlich falsche Angaben und somit einen Erklärungsirrtum im Zuge der Testamentserstellung macht. Lässt sich dieser Erklärungsirrtum als Versehen des Erblassers nachweisen, ist die Anfechtung grundsätzlich mit hohen Erfolgsaussichten versehen.
Zu guter Letzt gibt es noch den Inhaltsirrtum, dieser liegt dann vor, wenn der Erblasser im Testament Angaben macht, von denen er dachte, dass sie andere Konsequenzen haben als tatsächlich. Wenn es beispielsweise letzter Wille des Erblassers war, dass die gesamte Hinterlassenschaft nach einer bestimmten Erbquote an die gesetzlichen Erben geht und er fälschlicherweise den Lebenspartner in dem Kreis der gesetzlichen Erben wähnte, kann dieser das Testament anfechten und seine Ansprüche geltend machen.
Bestehen neben dem Testament noch ältere Verfügungen, ist ein Testator in seinen Verfügungen nicht ganz frei. Beispielsweise kann ein schon lange geschiedener Partner neben dem neuen Partner aus einem Erbvertrag oder Ehegattentestament Ansprüche ans Erbe besitzen. In solchen Fällen ist eine Ungültigkeitsklage möglich und man kann das Testament anfechten.
Wird ein Pflichtteilsberechtigter beim Erbe übergangen, so kann man das Testament anfechten. Es kann beispielsweise sein, dass ein Testator die Berechtigung einer bestimmten Person nicht kennt. Allerdings ist die Anfechtung hier nur dann möglich, wenn man davon ausgehen kann, dass der Erblasser anders verfügt hätte, wenn er die Ansprüche des Übergangenen gekannt hätte.
Verstösst ein Testament gegen die geltenden Gesetze in der Schweiz, kann eine Testamentsanfechtung Klage angestrengt werden. Ebenso kann man ein Testament anfechten, wenn es gegen die geltende Moral verstösst. Hier müssen letztlich die Gerichte entscheiden, was als Sittenwidrigkeit zu werten ist. Beachten werden muss hier, dass nicht das ganze Testament, sondern nur die sitten- beziehungsweise rechtswidrigen Teile betroffen sind.
Eine Anfechtung ist auch dann möglich, wenn ein eingesetzter Erbe erbunwürdig ist und der Testator ihm nicht zwischenzeitlich vergeben hat. Für die Erbunwürdigkeit gibt es mehrere Gründe. Erbunwürdig ist ein Erbe dann, wenn er:
Oftmals führt eine teilweise Unwirksamkeit des Testaments dazu, dass das gesamte Dokument unwirksam wird. Dies ist dann der Fall, wenn einzelne unwirksame Verfügungen Auswirkungen auf eigentlich gültige Verfügungen haben. In diesem Fall kann man das Testament anfechten.
In einigen Fällen ist es nicht erfolgsversprechend, ein Testament anfechten zu lassen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Kind nur den Pflichtteil erhalten soll, damit aber nicht zufrieden ist. Hat ein Erblasser aus freien Stücken und im rechtlichen Rahmen so verfügt, sollte man gut überlegen, ob man die Erbschaft anfechten will. Darüber hinaus ist die Anfechtung immer dann “sinnlos”, wenn die Begründung vor Gericht nicht nachweisbar ist. Geht man zum Beispiel aufgrund von Hörensagen davon aus, dass man im Testament schlechter gestellt wurde, ist ein unbestrittener Nachweis dieser Annahme vor Gericht schwerlich möglich und die Anfechtung ist entsprechend wenig erfolgversprechend.
Wer ein Testament anfechten möchte, sollte sich zunächst darüber im Klaren sein, dass die Anfechtung ausschliesslich vor dem zuständigen Gericht erfolgen kann. Zudem sieht das Schweizer Gesetz nicht “das eine Rechtsmittel” gegen ein vermeintlich ungültiges Testament vor. Je nach Ausgangslage und Begründung der Testamentsanfechtung können unterschiedliche Rechtsmittel in Form einer:
zur Wahrung der Rechte des Erben ergriffen werden. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von einem Testaments-Mangel und je nach eben diesem Mangel muss Klage erhoben werden. Um Ihnen eine Übersicht der möglichen Mängel und dafür Rechtsmittel zu ermöglichen, haben wir für sie in der nun folgenden Tabelle die häufigsten Klagegründe samt der nötigen Klageform zusammengestellt.
Mangel | Klage |
---|---|
Testier-Unfähigkeit des Erblassers | Ungültigkeitsklage gemäss §519-521 ZGB |
Willensmangel des Erblassers | Ungültigkeitsklage gemäss §519-521 ZGB |
Rechtswidriger Testament-Inhalt | Ungültigkeitsklage gemäss §519-521 ZGB |
Sittenwidriger Testament-Inhalt | Ungültigkeitsklage gemäss §519-521 ZGB |
Formmangel | Ungültigkeitsklage gemäss §519-521 ZGB |
Gravierender Formmangel | Nichtigkeitsklage |
Widersprüchlicher Testaments-Inhalt | Nichtigkeitsklage |
unmöglicher Testamentsinhalt | Nichtigkeitsklage |
offensichtlich gefälschtes Testament | Nichtigkeitsklage |
offensichtlich erzwungenes Testament | Nichtigkeitsklage |
Blosse Testamentsentwürfe | Nichtigkeitsklage |
Pflichtteilsverletzung aufgrund der testamentarischer Anordnung | Herabsetzungsklage gemäss 522-533 ZGB |
Die Chancen beim Testament anfechten hängen davon ab, ob die Gründe für die Anfechtung rechtlich relevant sind. Wer ein Testament anfechten möchte, sollte sich daher schon im Vorfeld ausgehend bei einem Rechtsanwalt für Erbrecht informieren, ob eine Anfechtung zielführend sein kann, welche Erfolgsaussichten bestehen und mit welchem Aufwand die Testamentsanfechtung verbunden ist.
Am häufigsten werden eigenhändige Testamente angefochten. Weil für diese keine offizielle Beurkundung nötig ist, enthalten sie am häufigsten Formfehler oder sonstige unklare Formulierungen, die den Erben Anlass zum Testament anfechten geben.
Notarielle und öffentliche Testamente können genau wie eigenhändige Testamente angefochten werden. Bei ihnen sind es dann seltener Formfehler, die zu einer Testament Anfechtung führen, sondern eher persönliche Interessen wie der Pflichtteil oder die Überzeugung, beim Erbe übergangen worden zu sein. Die Testamentsanfechtung Chancen hängen aber auch hier davon ab, ob die Gründe rechtlich haltbar sind.
Natürlich ist eine Anfechtung einer letztwilligen Verfügung immer mit Kosten verbunden. Wie hoch diese konkret ausfallen ist jedoch nicht pauschal zu benennen, denn zahlreiche Faktoren nehmen Einfluss auf die Kostengestaltung. Unabhängig von individuellen Einflüssen muss jedoch jeder Erbe der ein Testament anfechten lassen möchte mit folgenden Kosten rechnen:
Da sich die Anfallenden Kosten für Gericht und Rechtsbeistand in der Regel am Streitwert orientieren, kann pauschal gesagt werden, das die Kosten mit steigendem Erbwert steigen. Zudem sollten Erben vor ergreifen von Rechtsmitteln bedenken, dass sich ein Rechtsstreit um Erbansprüche durchaus ziehen kann. Es ist somit in jedem Fall mit Blick auf die Kosten der Testamentsanfechtung anzuraten, im Vorfeld auch den Faktor Zeit zu bedenken und sich eine erste Kostenschätzung des Verfahrens vom Anwalt erstellen zu lassen.
Ob ein Testament rechtlich einwandfrei ist oder ob es Anfechtungsgründe gibt, ist von einem Laien oft nur schwer zu beurteilen. Sollten Sie sich durch ein Testament übergangen fühlen, dann folgt häufig ein Erbstreit. Das Schweizer Gesetz sieht vor, dass Sie ein Testament – wie jede andere Verfügung auch – anfechten können. Diese Anfechtung hat zur Folge, dass gerichtlich geklärt wird, ob und inwieweit das Testament korrekt ist. Damit Ihre Anfechtung des Testaments Aussicht auf Erfolg hat, müssen Sie einen begründeten Antrag einreichen und darlegen, warum das Testament anfechten gerechtfertigt ist. Bei dieser Erklärung sollten Sie auf die Expertise eines Anwalts für Erbrecht zurückgreifen. Dieser kennt die Anfechtungsgründe und kann für Sie zutreffend Ihre Erfolgsaussichten einschätzen.
Das Testament ohne einen Anwalt anzufechten, ist zwar möglich, verringert die Erfolgschancen jedoch ungemein. Sollte die Testamentsanfechtung Klage gerichtlich verhandelt werden, vertritt der Anwalt Ihre Interessen vor Gericht. Ebenso ist er / sie Ihr Ansprechpartner, wenn es um allgemeine und spezielle Fragen geht, die das Erbrecht in der Schweiz betreffen. Sollten Sie ein Testament anfechten wollen oder Fragen bezüglich des Erbrechts haben, sollten Sie unsere Anwalts-Suchfunktion nutzen. Mit dieser finden Sie schnell und unkompliziert einen kompetenten Anwalt für Erbrecht in Ihrer Nähe. Zu diesem können Sie kostenlos Kontakt aufnehmen und ein erstes, unverbindliches Beratungsgespräch vereinbaren, um schlussendlich zu Ihrem Recht zu kommen.
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