Wenn es darum geht, dass ein Erbe aufgrund einer Handlung oder Tat kein Erbe erhalten soll, denken viele zuerst an Enterbung. Doch nicht immer muss der Erblasser selbst dafür sorgen, dass der Unwürdige von der Erbschaft ausgeschlossen wird. Unter gewissen Voraussetzungen kann dies auch vom Gesetz vorgesehen sein und auch ohne explizite Erwirkung des Erblassers erfolgen. Unter welchen Umständen in der Schweiz eine Erbunwürdigkeit vorliegt und wie sich diese auf die Erbschaft und die Beteiligten auswirkt, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Die rechtlichen Grundlagen zur Erbunwürdigkeit in der Schweiz finden sich vor Allem im Zivilgesetzbuch (ZGB). Dabei beziehen sich die Artikel 540 und 541 ZGB im Speziellen auf die Erbunwürdigkeit. Ersterer geht insbesondere auf die Gründe ein, die zu einer Erbunwürdigkeit führen können.
Artikel 541 ZGB beschäftigt sich mit allgemeinen Regelungen um die Erbunwürdigkeit. Für die Bestimmungen, wem das Erbe des Erbunwürdigen zufallen soll, sind neben Art. 541 ZGB auch Art. 542 ZGB und Art. 547 Abs. 3 ZGB relevant.
Die Erbunwürdigkeit hat, wie der Name schon vermuten lässt, zur Folge, dass ein Erbe unwürdig ist, einen Teil des Nachlasses eines Erblassers zu erhalten. Er erhält also kein Erbe und geniesst demnach auch keinen Pflichtteilsschutz, was bedeutet, dass der Erbunwürdige auch keinen Pflichtteil erhält. Die Erbunwürdigkeit wird von Amtes wegen festgestellt, namentlich im Testament Eröffnungsverfahren. Der Ausschluss an der Nachlass Teilhabe ist zwingend und kann nicht nur zum Teil erfolgen. Kommt es zum Erbfall, wird ein erbunwürdiger Erbe wie ein Vorverstorbener behandelt. An seine Stelle treten seine Nachkommen. Erbunwürdigkeit kann ein Anfechtungsgrund für das Erbvertrag anfechten sein.
In der Regel handelt es sich bei Erbunwürdigen um natürliche Personen, die durch ihr Verhalten erbunwürdig werden. Je nach individuellen Umständen und Tatbestand sowie nach Massgabe von ZGB 55 II können aber auch juristische Personen erbunwürdig sein.
Zwar gibt es für beide Formen des Erbausschlusses ähnliche Voraussetzungen, doch dennoch unterscheidet sich die Erbunwürdigkeit von der Enterbung. Die Erbunwürdigkeit ist die Rechtsfolge, wenn ein Erbe einen vom Gesetz genannten Erbunwürdigkeits-Tatbestand verwirklicht und bewirkt den zwingenden und vollständigen Ausschluss als Erben oder Vermächtnisnehmer an der Nachlass Teilhabe.
Dabei ist die Erbunwürdigkeit vom Rechtsinstitut der (Straf-)Enterbung insofern abzugrenzen, als das die Unwürdigkeit von Gesetzes wegen eintritt und von den Behörden und Gerichten von Amtes wegen zu berücksichtigen ist. Die Enterbung hingegen wird in der Regel vom Erblasser eingeleitet und umgesetzt. Darüber hinaus ist es möglich, einen Erben nur teilweise zu enterben (Teil-Enterbung), während eine Teil-Erbunwürdigkeit nicht möglich ist.
Damit ein Erbe als erbunwürdig eingestuft werden kann, müssen dafür triftige Gründe vorliegen. Ein herablassendes Verhalten gegenüber dem Erblasser, eine Enttäuschung oder ein Kontaktabbruch sind daher in der Regel kein Grund für die Erbunwürdigkeit eines Erben. Unwürdig, ein Erbe zu erhalten sind Personen die:
Die oben genannten Gründe für eine Erbunwürdigkeit lassen sich auch auf konkrete Verbrechen bzw. Beispiele herunterbrechen. Die folgende Übersicht dient Ihnen zum Einblick und besseren Verständnis. Dabei ist zu bedenken, dass in der Regel nicht nur direkte Täter (Allein- und Mittäter), sondern auch Anstifter und Gehilfen erbunwürdig sind.
Wenn ein Erbe eine Tat begeht, die eine Erbunwürdigkeit rechtfertigt, wird diese in mehrerlei Hinsicht von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Dazu gehört der Ausschluss als:
Dabei ist aber nur der Erbunwürdige selbst von den Konsequenzen betroffen: Beim erbunwürdigen gesetzlichen Erben beerben dessen Nachkommen den Erblasser, wie wenn der Erbunwürdige vorverstorben wäre. Auch der Pflichtteil entfällt. Ist der Erbunwürdige ein eingesetzter Erbe, so gelangt sein Anteil an die nächsten gesetzlichen Erben des Erblassers, ausser, der Erblasser hat in seiner Verfügung von Todes wegen eine oder mehrere Personen genannt, denen die Erbschaft für den Fall der Erbunwürdigkeit des eingesetzten Erben zufallen soll.
Hat der Erbunwürdige vom Erblasser Zuwendungen zu Lebzeiten erhalten, die der Anrechnung an seinen Erbteil (Erbvorbezug) oder als Gegenleistungen für einen Erbauskaufvertrag dienen sollen, hat er diese den Erben zurückzuerstatten.
Die rechtlichen Folgen der Erbunwürdigkeit können aufgehoben werden, indem der Erblasser aufgrund eines vollständigen Kenntnisstandes dem Erbunwürdigen gegenüber verzeiht. Dies kann er dem Erben persönlich oder gegenüber einem Dritten ausdrücklich oder durch konkludente Handlung (z.B. durch Wiederaufnahme der häuslichen Gemeinschaft) mitteilen bzw. ausdrücken. Durch diese Verzeihung des Erblassers gilt die Erbunwürdigkeit anschliessend als aufgehoben.
Natürlich ist es nie wünschenswert, sich im Zusammenhang mit einer Erbschaft und der Verfügung von Todes wegen mit dem Ausschluss eines Erben beschäftigen zu müssen. Liegen jedoch bestimmte Umstände vor, ist es wohl unerlässlich, einen Erben als erbunwürdig einzustufen. Um sich als Erblasser dabei gut vertreten zu lassen und die beste Vorgehensweise zu wählen, kann es sinnvoll sein, einen Anwalt hinzuzuziehen.
Dieser kann sie nicht nur beratend unterstützen, sondern Sie auch über die Auswirkungen der Erbunwürdigkeit aufklären. Auch wenn Sie sich als Erbunwürdiger der Meinung sind, dass die Unwürdigkeit ungerechtfertigt umgesetzt wurde, sollten Sie sich an einen Rechtsanwalt für Erbrecht wenden. Er kann die Lage aus rechtlicher Sicht objektiv beurteilen und Ihnen seine Einschätzung geben. Sollte Ihr Zweifel bzw. Ärger gerechtfertigt sein, so kann er Sie dabei unterstützen, gegen die Erbunwürdigkeit vorzugehen.
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