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Herabsetzungsklage § Voraussetzungen & Kosten

Wenn eine Person verstirbt, hinterlässt sie in der Regel ihr Hab und Gut den eingesetzten Erben. Je nachdem, was sie zuvor in einer eventuellen Verfügung von Todes wegen festgelegt hat, erben die Erben unterschiedliche Anteile des Vermögens. Verletzt das Testament, der Erb- oder der Ehevertrag rechtliche Vorgaben zum Pflichtteilsanspruch, kann es zu einer Herabsetzungsklage kommen.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Rechtslage & Allgemeines zur Herabsetzungsklage

Generell finden sich die für die Herabsetzungsklage relevanten Gesetzestexte im Zivilgesetzbuch der Schweiz (ZGB). Die Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtteile in einer Verfügung von Todes wegen selbst stützt sich auf Art. 470 ff. ZGB.

Die Herabsetzung einer solchen Verfügung findet sich im Art. 522 Abs. 1 des ZGB. Weitere Zuwendungen zu Lebzeiten, können ebenfalls der Herabsetzung unterliegen, so zum Beispiel unübliche Schenkungen während der letzten fünf Jahre (Art. 527 Ziff. 3 ZGB). 

Die rechtliche Grundlage der Verjährungs- bzw. Verwirkungsfrist kann im Art. 533 Abs. 1 des ZGB nachgelesen werden. Auch Art. 533 Abs. 3 ZGB ist für die Geltendmachung der Herabsetzung relevant. Die Zuständigkeit der Gerichte wird im Gesetz im Art. 28 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) festgehalten.

Definition – Was ist eine Herabsetzungsklage?

Die Herabsetzungsklage ist ein Rechtsmittel, welches Erben zur Verfügung steht, wenn ein Erblasser mit seiner Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag, Ehevertrag) ihren rechtlich zwingenden Pflichtteil verletzt hat. In diesen Fällen können sie mit einer Herabsetzungsklage beim Gericht den verletzten, ihnen zustehenden, erblichen Pflichtteil einklagen. Ziel der Herabsetzungsklage ist es, dass die jeweiligen Anteile der übrigen Erben herabgesetzt werden und der betroffene Erbe den fehlenden Teil seines Erbes herausbekommt.

Wer kann eine Herabsetzungsklage erheben?

Eine Herabsetzungsklage kann durch Pflichterben bei Gericht eingereicht werden, wenn diese durch das Testament, den Erbvertrag oder den Ehevertrag des Erblassers gesetzeswidrig (gegen das vorgeschriebene Gesetz verstossend) benachteiligt wurden. Das bedeutet, dass alle Pflichterben, die ihren gesetzlichen Pflichtteil nicht erhalten haben oder sollen können eine Herabsetzungsklage erheben. Tun sie das nicht und erfolgt keine entsprechende Klage, bleibt die Verfügung von Todes wegen gültig und die Erben erhalten weniger als ihnen nach den gesetzlichen Vorschriften zustünde.

Davon ausgenommen sind Pflichterben, bei denen ein gültiger Enterbungsgrund vorliegt und Erben, denen kein gesetzlicher Pflichtteil zusteht. Diese sind nicht dazu befugt, eine Herabsetzungsklage zu erheben, sofern eine gültige letztwillige Verfügung des Erblassers vorliegt und es diese so vorsieht. Der Erblasser darf auch von der gesetzlichen Erbfolge abweichen, wenn er dies in einem gültigen Testament oder Erbvertrag getan hat. Lediglich Pflichtteilserben (nicht enterbt) sind Sie zur Herabsetzungsklage berechtigt.

Kein Recht auf Erhebung einer Herabsetzungsklage bei Pflichtteilsanspruch

Auch Erben, die in einem Erbvertrag wirksam auf ihren Pflichtteilsanspruch verzichtet haben, haben kein Recht mehr, eine Herabsetzungsklage zu erheben (Art. 495 ZGB).

Voraussetzungen für eine Klageerhebung

Damit überhaupt eine Herabsetzungsklage eingereicht werden kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss der Kläger einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch auf die gegenständliche Erbschaft haben und zum anderen muss dieser Anspruch durch die letztwillige Verfügung des Erblassers unrechtmässig gemindert sein. Als Herabsetzungsgegenstände kommen demnach folgende Umstände in Betracht:

  • Völlige oder teilweise Aufhebung formal gültiger Verfügungen von Todes wegen
  • Teilweise Hinzurechnung des Wertes lebzeitiger, unentgeltlicher Zuwendungen:
    • der Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil, als Heiratsgut, Ausstattung oder Vermögensabtretung, wenn sie nicht der Ausgleichung unterworfen sind
    • der Erbabfindungen und Auskaufsbeträge
    • der mit Annahme der Gelegenheitsgeschenke frei widerrufbaren oder während der letzten 5 Jahre vor dem Tode erfolgten Schenkungen
    • der zur Umgehung der Verfügungsbeschränkung entäusserten Vermögenswerte
  • Wahrnehmung des Herabsetzungsrechtes zugunsten verschuldeter Pflichtteilserben

Wirkung der Herabsetzungsklage

Ziel einer Herabsetzungsklage ist die Auszahlung des Pflichtteils an den pflichtteilsverletzten Erben. Wird der Klage stattgegeben, so müssen die übrigen Erben, die quasi „zu viel“ des Erbes erhalten haben, die Differenz ausgleichen und dem betroffenen Erben seinen Pflichtteil erstatten. Diese Rückabwicklung betrifft alle anderen Erben gleichermassen, ausser es unterliegt lediglich eine einzelne Erbsache der Herabsetzungsklage, die nicht ohne Schädigung oder Wertminderung geteilt werden kann. In diesen Fällen ist die begünstigte Person dazu berechtigt, den Erbteil zu behalten, muss dafür aber den entsprechenden Differenzbetrag ausgleichen und dem pflichtteilsverletzten Erben auszahlen. Will oder kann sie dies nicht, besteht auch die Möglichkeit, die Sache zu übergeben und den Mehrbetrag zurückfordern.

Wann kann eine Herabsetzungsklage erhoben werden?

Generell gibt es mehrere Fälle, in denen es möglich ist, eine Herabsetzungsklage einzureichen. Genau genommen gibt es dabei vier Kategorien von Zuwendungen, bei denen diese Möglichkeit besteht. Dazu gehören Zuwendungen an Erbteilen wie Heiratsgut, Ausstattungsgegenstände oder Vermögensabtretungen, sofern diese nicht der Ausgleichung unterliegen. Darüber hinaus unterliegen Erbabfindungen und Auskaufbeträge sowie Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte oder während der letzten fünf Jahre vor dem Ableben getätigt wurden der Herabsetzungsklage. Übliche, alltägliche Gelegenheitsgeschenke sind davon ausgenommen. Auch Entäusserungen von Vermögenswerten, die der Erblasser zum Zweck der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat, zählen zu den betroffenen Zuwendungen.

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Wann verjährt die Herabsetzungsklage?

Wie bei Klagen allgemein üblich, besteht auch die Möglichkeit, eine Herabsetzungsklage einzureichen, nur für einen gewissen Zeitraum. Erlangt ein Erbe die Kenntnis über die Verletzung seines Pflichtteils hat er ein Jahr lang Anspruch auf Herabsetzung und kann eine Herabsetzungsklage erheben. Generell gilt ausserdem eine Frist von zehn Jahren, nach deren verstreichen es nicht mehr möglich ist, eine Herabsetzungsklage einzureichen. Diese Verwirkungsfrist beginnt ab der Eröffnung des Testaments zu laufen.

Wo muss die Herabsetzungsklage eingereicht werden?

Je nachdem, wo der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, richtet sich auch die Zuständigkeit eines Gerichts. In einigen Kantonen der Schweiz muss ausserdem vor der Erhebung der Herabsetzungsklage ein Schlichtungsgesuch eingebracht werden. Daher sollten sich betroffene Erben immer über die Rechtslage im Kanton des vormaligen Wohnortes informieren. Das Rechtsbegehren der Herabsetzungsklage müssen Sie genug bestimmt verfassen. Und dabei erwähnen, welche Zuwendung an welchen Erben Sie herabsetzen möchten.

Ablauf der Herabsetzungsklage

In der Regel kommt bei einer Herabsetzungsklage entweder das vereinfachte Verfahren (Art. 243 ff. ZPO) oder das ordentliche Verfahren (Art. 219 ff. ZPO) zur Anwendung. Das summarische Verfahren auf Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) kann aufgrund der Komplexität des Sachverhalts nicht zur Anwendung kommen.

Streitwert des Herabsetzungsverfahrens:

Der massgebliche Streitwert ist abhängig vom potenziellen Prozessgewinn der klagenden Partei. Der Streitwert entspricht daher entweder dem jeweiligen Pflichtteil oder dem Betrag, um welcher die Zuwendung des Beklagten in Folge der Klage herabgesetzt wird.

Rückleistung und Wahlrecht des Herabsetzungspflichtigen:

Wenn der Herabsetzungsklage stattgegeben wird und die Herabsetzung von Vermögenszuwendungen unter Lebenden erfolgt ist, entsteht eine Rückleistungspflicht nach Bereicherungsgrundsätzen, deren Vollzug im selben Verfahren umgesetzt werden muss (ZGB 528). Der Herabsetzungspflichtige hat dabei das Wahlrecht, entweder die Sache zu nehmen bzw. zu behalten und dem Pflichtteilserben den entsprechenden Betrag über seinen Anteil daran, also den Herabsetzungsbetrag, auszubezahlen, oder diesem die Sache zu überlassen und den Wert seines Anteils in Geldform einzufordern.

Kosten der Herabsetzungsklage:

Die Kosten für einer Herabsetzungsklage setzen sich aus den Gerichtsgebühren und den Anwaltskosten, der sog. Parteientschädigung, zusammen. In der Regel sind diese je Kanton geregelt. Für die Höhe der anfallenden Kosten und Gebühren ist auch der Aufwand und Streitwert des Falls ausschlaggebend. In den meisten Kantonen können die Gebühren und Anwaltskosten auf den Webseiten der Gerichte kalkuliert, berechnet und abgeschätzt werden. Um eine erste Abschätzung der finanziellen Belastung einer Herabsetzungsklage abschätzen zu können, ist eine frühzeitige Konsultation ratsam. Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, dass der Nachlass die Kosten deckt bzw. dass das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag stimmig ist und eine Klage überhaupt Sinn macht.

So kann ein Anwalt Sie bei der Herabsetzungsklage unterstützen

Wenn ein nahestehender Mensch verstirbt, ist dies meist eine sehr emotionale Situation für die Hinterbliebenen. Daher bleiben oft wenig Zeit und Nerven für eine genaue Auseinandersetzung mit der Erbschaft. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, einen spezialisierten Fachanwalt zu Rate zu ziehen, der Sie bei der Prüfung der Erbschaft und allen damit in Verbindung stehenden Regelungen unterstützt. Der Rechtsanwalt weiss, ob und wenn ja welchen gesetzlichen Erbanspruch Sie haben und ob dieser im individuellen Einzelfall erfüllt wurde. Sollte der Erblasser Ihren Pflichtteil nicht beachtet haben, so besteht eventuell die Möglichkeit, eine Herabsetzungsklage zu erheben. Dabei kann Sie ein Anwalt beraten und unterstützen, Ihren Anspruch geltend zu machen.

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FAQ: Herabsetzungsklage

Nein, grundsätzlich müssen Sie sich nicht mit Auflagen, Bedingungen oder Nutzniessungsrechten abfinden, die mit dem Erbe in Verbindung stehen sollen. Eine Ausnahme gilt jedoch für den Fall, dass der Erblasser seinem Ehepartner die Nutzniessung an der ganzen Erbschaft zusprechen darf. Dann können nur nicht-gemeinsame Kinder die Herausgabe ihres Pflichtteils einfordern, sofern sie nicht erbvertraglich auf ihren Erbteil verzichtet haben. Alle übrigen Erben müssen sowohl mit als auch ohne Erbvertrag akzeptieren, dass sie erst über ihren Pflichtteil verfügen können, wenn auch der andere Ehepartner gestorben ist oder erneut heiratet.
Wenn ein Erbe verschuldet ist, kann dieser versucht sein, die Erbschaft auszuschlagen, um zu verhindern, dass die Erbschaft nicht bei den Gläubigern landen. Das Gesetz lässt dies jedoch nicht so einfach zu. Demnach muss der Erblasser entweder seine Verfügungsfähigkeit (Art. 470 ZGB) zulasten des verschuldeten Erben überschritten (Art. 524 Abs. 1 ZGB), oder diesen ungültigerweise enterbt haben (Art. 524 Abs. 2 ZGB). Dem Erben stünde das Recht zur Klage auf Herabsetzung zu, welches er aber trotz Aufforderung der Konkursverwaltung bzw. der Gläubiger mit Verlustscheinen nicht wahrnimmt. Die Konkursverwaltung bzw. die Gläubiger erhalten dann die Aktivlegitimation zur Anhebung der Herabsetzungsklage, soweit dies zur Deckung ihrer Forderungen notwendig ist.
Zuerst werden die Verfügungen von Todes wegen, also die Erbeinsetzungen und die Vermächtnisse berücksichtigt. Dann folgen in zweiter Linie die Zuwendungen unter Lebenden. Dabei werden die jüngeren vor den älteren herabgesetzt, bis der der Pflichtteil hergestellt ist.
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