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Herabsetzung § Definition, Voraussetzungen, Ablauf

Wenn eine Person verstirbt, hinterlässt diese in der Regel den Erben ihr Vermögen. Dabei erhalten nicht nur diejenigen Erben die der Erblasser in seiner Verfügung von Todes wegen berücksichtigt hat, ihren jeweiligen Anteil, sondern auch die Pflichterben. Diese Regelungen zum Pflichtteil können grundsätzlich nicht umgangen werden. Kommt es durch das Testament, den Ehe- oder den Erbvertrag zu einer Verletzung des Pflichtteils, kann der betroffene Pflichtteilserbe eine Herabsetzung fordern oder im Streitfall auch einklagen. Was man unter einer erbrechtlichen Herabsetzung versteht, wie diese erfolgt bzw. eingeklagt werden kann und was es dabei zu beachten gibt, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Rechtslage der Herabsetzung

Generell finden sich die für die Herabsetzung relevanten Gesetzestexte insbesondere im Zivilgesetzbuch der Schweiz (ZGB). Dabei beschäftigen sich die Artikel 522 bis 536 mit der Herabsetzung, wobei sich Art. 522 mit den allgemein geltenden Regeln dazu befasst. Für die Herabsetzungsgegestände sind dabei insbesondere Art. 522 ff. ZGB sowie die Artikel 524 und 527 des ZGB ausschlaggebend. In Art. 523 geht es um die Begünstigung der Pflichtteilsberechtigten und in Art. 524 um die Rechte der Gläubiger. Die Artikel 525 bis 531 des ZGB beziehen sich auf die Wirkung. Während sich die Artikel 532 und 533 um die Durchführung drehen, befassen sich die Artikel 534 bis 536 ZGB mit Klagen aus Erbverträgen.

Definition – Wann erfolgt die Ergänzung des Pflichtteils

Hat der Erblasser seine Verfügungsbefugnis durch seine Verfügung von Todes wegen verletzt bzw. überschritten und die pflichtteilsgeschützten Erben erhalten aus diesem Grund ihren Pflichtteil nicht, können diese die Herabsetzung der Verfügung verlangen. Der Sinn der Herabsetzung ist demnach die Wiederherstellung eines wertmässig verletzten Pflichtteils. Diese kann auch mit einer Herabsetzungsklage oder Herabsetzungseinrede verlangt werden. Dies ist soweit möglich, bis ihr Pflichtteil wieder gewährleistet ist .

Wer kann eine Herabsetzung verlangen?

Jene Pflichtteilserben, die von einer Pflichtteilsverletzung betroffen sind, können eine Herabsetzung der übrigen Erben verlangen. Eine solche Verletzung des Pflichtteils liegt vor, wenn der Pflichtteilserbe durch das Testament, den Erbvertrag oder den Ehevertrag des Erblassers gesetzeswidrig (gegen das vorgeschriebene Gesetz verstossend) benachteiligt wurde. Das bedeutet, dass alle Pflichterben, die ihren gesetzlichen Pflichtteil nicht erhalten haben oder sollen bei Bedarf auch eine Herabsetzungsklage erheben können. Tun sie das nicht und erfolgt keine entsprechende Klage, bleibt die Verfügung von Todes wegen gültig und die Erben erhalten weniger als ihnen nach den gesetzlichen Vorschriften zustünde.

Davon ausgenommen sind Pflichterben, bei denen ein gültiger Enterbungsgrund vorliegt und Erben, denen kein gesetzlicher Pflichtteil zusteht. Diese sind nicht dazu befugt, eine Herabsetzung zu fordern oder eine Herabsetzungsklage zu erheben, sofern eine gültige letztwillige Verfügung des Erblassers vorliegt und es diese so vorsieht. Der Erblasser darf auch von der gesetzlichen Erbfolge abweichen, wenn er dies in einem gültigen Testament oder Erbvertrag getan hat. Lediglich nicht enterbte Pflichtteilserben sind zur Forderung berechtigt.

Wer auf Pflichtteilsanspruch verzichtet, hat kein Recht eine Herabsetzungsklage zu erheben

Auch Erben, die in einem Erbvertrag wirksam auf ihren Pflichtteilsanspruch verzichtet haben, haben kein Recht mehr, eine Herabsetzungsklage zu erheben (Art. 495 ZGB).

Was unterliegt der Herabsetzung?

Neben den Verfügungen von Todes wegen unterliegen auch weitere, verschiedene lebzeitige Verfügungen der Herabsetzung. Zu diesen gehören:

  • die Zuwendungen an Nachkommen, welche von der Ausgleichungspflicht befreit worden sind
  • Erbabfindungen und Auskaufsbeträge
  • Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte, oder während der letzten fünf Jahre vor seinem Tode umgesetzt wurden (ohne Gelegenheitsgeschenke)
  • Entäusserungen von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zwecke der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat ).

Primär unterliegen die Verfügungen von Todes wegen der Herabsetzung. Erst danach folgen die Zuwendungen zu Lebzeiten, die in chronologischer Reihenfolge (die älteren vor den früheren) bis zur Herstellung des Pflichtteils angegangen werden.

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Herabsetzungsgegenstände

Als Herabsetzungsgegenstände kommen mehrere Umstände in Betracht dazu zählen vordergründig folgende:

  • Völlige oder teilweise Aufhebung formal gültiger Verfügungen von Todes wegen; im Falle von Willensmängeln kann der Kläger unter bestimmten Umständen für den Fall der Abweisung der Ungültigkeitsklage eine Herabsetzung anstreben, um keine Frist zu versäumen
  • Teilweise Hinzurechnung des Wertes lebzeitiger, unentgeltlicher Zuwendungen: der Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil, als Heiratsgut, Ausstattung oder Vermögensabtretung, wenn sie nicht der Ausgleichung unterworfen sind, der Erbabfindungen und Auskaufsbeträge, der Erbabfindungen und Auskaufsbeträge, der mit Annahme der Gelegenheitsgeschenke frei widerrufbaren oder während der letzten 5 Jahre vor dem Tode ausgefolgten Schenkungen, der zur Umgehung der Verfügungsbeschränkung entäusserten Vermögenswerte
  • Umsetzung des Herabsetzungsrechtes zugunsten verschuldeter Pflichtteilserben

Verschuldete Erben:

Wenn ein Erbe verschuldet ist, kann dieser versucht sein, die Erbschaft auszuschlagen, um zu verhindern, dass die Erbschaft nicht bei den Gläubigern landen. Das Gesetz lässt dies jedoch nicht so einfach zu. Demnach muss der Erblasser entweder seine Verfügungsfähigkeit (Art. 470 ZGB) zulasten des verschuldeten Erben überschritten (Art. 524 Abs. 1 ZGB), oder diesen ungültigerweise enterbt haben (Art. 524 Abs. 2 ZGB). Dem Erben stünde das Recht zur Klage zu, welches er aber trotz Aufforderung der Konkursverwaltung bzw. der Gläubiger mit Verlustscheinen nicht wahrnimmt. Die Konkursverwaltung bzw. die Gläubiger erhalten dann die Aktivlegitimation zur Anhebung der Herabsetzungsklage, soweit dies zur Deckung ihrer Forderungen notwendig ist.

Wirkung der Herabsetzung:

Ziel einer Herabsetzung ist die Auszahlung des Pflichtteils an den pflichtteilsverletzten Erben. So müssen die übrigen Erben, die quasi „zu viel“ des Erbes erhalten haben, die entsprechende Differenz ausgleichen und dem betroffenen Erben seinen Pflichtteil erstatten. Diese Rückabwickelung betrifft alle anderen Erben gleichermassen, ausser es unterliegt lediglich eine einzelne Erbsache der Herabsetzung, die nicht ohne Schädigung oder Wertminderung geteilt werden kann. In diesen Fällen ist die begünstigte Person dazu berechtigt, den Erbteil zu behalten, muss dafür aber den entsprechenden Differenzbetrag ausgleichen und dem von der Pfichtteilsverletzung betroffenen Erben auszahlen. Will oder kann sie dies nicht, besteht auch die Möglichkeit, die Sache zu übergeben und den Mehrbetrag zurückfordern.

Rückleistung und Wahlrecht des Herabsetzungspflichtigen:

Wenn eine Herabsetzung von Vermögenszuwendungen unter Lebenden erfolgt, entsteht gleichzeitig auch eine Rückleistungspflicht nach Bereicherungsgrundsätzen, deren Vollzug angestrebt wird. Dabei hat der Herabsetzungspflichtige das Recht zwischen zwei Optionen zu wählen:

  • die Sache zu nehmen bzw. zu behalten und dem Pflichtteilserben den Mehrbetrag über seinen Anteil daran, d.h. den Herabsetzungsbetrag, auszuzahlen
  • die Sache dem betroffenen Pflichterben zu überlassen und die Entrichtung seines Wertanteils (verfügbare Quote bzw. jenen Wert, der ihm nach Herabsetzung zukommt) in Geldform zu verlangen

Wann kann eine Herabsetzungsklage erhoben werden?

Das Einreichen bzw. Erheben einer Herabsetzungsklage ist in mehrere Fällen möglich. Dazu gehören Zuwendungen an Erbteilen wie Heiratsgut, Ausstattungsgegenstände oder Vermögensabtretungen, sofern diese nicht der Ausgleichung unterliegen. Auch Erbabfindungen und Auskaufbeträge sowie Schenkungen, können eine entsprechende Klage rechtfertigen, ebenso wie Entäusserungen von Vermögenswerten, die der Erblasser zum Zweck der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat.

So kann ein Anwalt helfen

Der Tod einer nahestehenden Person ist nicht nur eine emotionale Belastung für die Hinterbliebenen, sondern auch eine Herausforderung hinsichtlich der anfallenden Erfordernisse. Daher bleiben oft wenig Zeit und Nerven für eine genaue Auseinandersetzung mit der Erbschaft. Gerade beim Pflichtteil gibt es jedoch strenge Vorgaben, an die sich der Erblasser halten muss. Wurden die Regelungen von ihm ignoriert, so ist es für die Erben oft schwierig, damit umzugehen.

In diesen Fällen kann es daher sinnvoll sein, einen spezialisierten Fachanwalt zu Rate zu ziehen, der Sie bei der Prüfung der Erbschaft und allen damit in Verbindung stehenden Regelungen unterstützt. Der Rechtsanwalt weiss, ob und wenn ja welchen gesetzlichen Erbanspruch Sie haben und ob dieser im individuellen Einzelfall erfüllt wurde. Sollte der Erblasser Ihren Pflichtteil nicht beachtet haben, so besteht eventuell die Möglichkeit, eine Herabsetzungsklage zu erheben. Dabei kann Sie ein Anwalt beraten und unterstützen, Ihren Anspruch geltend zu machen.

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FAQ: Herabsetzung

Wenn Sie eine Herabsetzung gerichtlich verlangen wollen, also eine Klage erheben, ist dies nur begrenzt möglich. Nach dem Erlangen der Kenntnis über die Verletzung des Pflichtteils, kann diese bis zu einem Jahr danach verlangt werden. Generell gilt überdies eine Frist von zehn Jahren, nach deren verstreichen es nicht mehr möglich ist, eine Herabsetzungsklage einzureichen. Diese Verwirkungsfrist beginnt ab der Testamentseröffnung zu laufen.
Wenn eine Herabsetzung von Vermögenszuwendungen unter Lebenden erfolgt, hat der Herabsetzungspflichtige das Recht zwischen zwei Optionen zu wählen: Entweder er behält die Sache und entrichtet den Mehrbetrag über seinen Anteil daran, oder er überlässt sie dem betroffenen Pflichterben und lässt sich den Wertanteil ausbezahlen.
Neben den Verfügungen von Todes wegen unterliegen auch Zuwendungen an Nachkommen, welche von der Ausgleichungspflicht befreit worden sind, Erbabfindungen und Auskaufbeträge, Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte, oder während der letzten fünf Jahre vor seinem Tode umgesetzt wurden (ohne Gelegenheitsgeschenke) sowie Entäusserungen von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zwecke der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat, der Herabsetzung.
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