Wie kann man beim Vererben von Immobilien und Unternehmen einem Erbstreit möglichst vorgreifen?
Ich kann nur immer wieder betonen, dass sich gerade in solchen Fällen eine aktive Auseinandersetzung zu Lebzeiten unter Einbezug aller potenzieller Erben empfiehlt. Die Streitigkeiten passieren hier häufig, weil man sich zu Lebzeiten nicht damit auseinandersetzt. Viele denken „Ich führe dieses Unternehmen, bis ich mit den Füßen voran rausgetragen werde.“ Dann kommt dieser Tag, nichts ist geregelt und das führt zu Streit.
Sofern die Immobilie oder das Unternehmen ohnehin nur von einer Person übernommen werden will oder kann, ergeben sich in der Regel keine Probleme. Hier geht es vor allem um die Frage der Ausgleichung, also wenn einer eine Liegenschaft oder ein Unternehmen bekommt, muss er das in der Regel ausgleichen. Das ist unproblematisch, wenn neben der Liegenschaft oder dem Unternehmen genügend andere Mittel zu verteilen sind und die Bewertung des Unternehmens oder der Liegenschaft keinen Streitpunkt bildet.
Ist dies nicht der Fall – und das ist häufig so – muss möglichst zu Lebzeiten eine passende Lösung gefunden werden. Das bietet auch die Möglichkeit, eventuelle finanzielle Nachteile eines Erben anderweitig auszugleichen oder wenigstens im Voraus das Gespräch mit anderen Erben darüber zu führen, um Konflikte aus der Welt zu schaffen. So können auch frühzeitig alternative Finanzierungsmöglichkeiten oder Tragbarkeitsabklärungen desjenigen Erben geprüft werden, der das Unternehmen oder die Liegenschaft übernehmen möchte, aber die anderen dafür auszahlen muss. Das ist auch häufig ein Problem. Es gibt dann jemanden, der meint, dafür prädestiniert zu sein, weil er z.B. schon im Unternehmen mitgearbeitet hat, dann wird aber ein Unternehmenswert festgesetzt, es gibt noch einen Bruder und eine Schwester, die das ausgeglichen bekommen und derjenige, der das Unternehmen übernehmen will, hat dafür nicht genügend Mittel. Das führt zu Zwangsverkäufen und ist sehr unbefriedigend. Deshalb ist es wichtig, die künftige Übergabe noch zu Lebzeiten zu regeln und über Finanzierungsmöglichkeiten nachzudenken.
Die lebzeitige Auseinandersetzung ist ein schwieriges Thema, damit befasst man sich nicht gerne. Aber wenn einem daran gelegen ist, dass die Familie nach dem Tod nicht im Streit endet, ist es ganz zentral, sich damit zu befassen. Das muss nicht schon mit 25 Jahren sein, aber auch nicht erst mit 85. Der Mensch hat leider keine Mindestlaufzeit hier auf der Welt, je früher man sich mit diesen Themen beschäftigt, desto besser.