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Ausgleichungspflicht unter Erben – Das sollte man wissen!

Dr. iur. Hans Henzen im Interview

Die Ausgleichungspflicht: Vielen (künftigen) Erben ist gar nicht klar, dass bereits erhaltene Zuwendungen mitunter ihrem Erbanteil angerechnet werden können. Das Schweizer Erbrecht sieht jedoch vor, dass bestimmte Vermögenswerte entweder in den Nachlass eingebracht oder eben an den Erbanteil des Betroffen angerechnet werden müssen. Wann dies konkret der Fall ist, wie die Berechnung der Ausgleichshöhe erfolgt und wie diese Verpflichtung vielleicht doch umgangen werden kann, erklärt Rechtsanwalt und Notar Dr. iur. Hans Henzen im Gespräch.

Dr. iur. Hans Henzen ist Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Gossau und der ideale Ansprechpartner in allen Belangen rund um das Erbrecht. Durch seine zusätzliche Tätigkeit als Notar ist er auch befugt, Testamente und Erbverträge zu beurkunden. Dr. iur. Hans Henzen hat seine anwaltliche Karriere 1991 begonnen und kann langjährige Erfahrung als Rechtsanwalt aufweisen. Neben seiner Spezialisierung im Erbrecht, ist er auch im Zivil(prozess-)recht, wie auch im Gesellschafts- und Familienrecht tätig. Durch eine weitere Ausbildung im Haftpflicht- und Versicherungsrecht können Sie auch in diesen Bereichen auf die Expertise von Dr. iur. Hans Henzen vertrauen!

Dr. iur. Hans Henzen
Dr. iur. Hans Henzen

Rechtsanwalt für Erbrecht

Ausgleichungspflicht – Was darf der Otto-Normal-Verbraucher unter diesem Begriff verstehen?

Die Ausgleichung beantwortet die Frage, ob und wie zu Lebzeiten des Erblassers erhaltene Zuwendungen dem Erben, der diese erhalten hat, an dessen Erbanteil anzurechnen sind. Es geht also bei der Ausgleichung um die Gleichbehandlung der Erben.

Der Wille des Erblassers ist somit maßgebend, ob eine Ausgleichung stattzufinden hat oder nicht.

Wann ist eine Ausgleichung nötig? Welche Zuwendungen umfasst diese?

Ob eine Ausgleichung nötig ist oder nicht, hängt vom mutmaßlichen Willen des Erblassers ab. Er kann die Ausgleichung anordnen bzw. von dieser dispensieren. Der Wille des Erblassers ist somit maßgebend, ob eine Ausgleichung stattzufinden hat oder nicht. Gelegenheitsgeschenke müssen nicht ausgeglichen werden, das wird ausdrücklich im Gesetz festgehalten. Die Ausgleichungspflicht umfasst nur lebzeitige, unentgeltliche Zuwendungen.

Welche Werte werden für die Ausgleichung bei Immobilienübertragungen herangezogen?

Bei einer zu Lebzeiten übertragenen Immobilie gilt, wie auch bei anderen Zuwendungen, der Wert zur Zeit des Erbganges. Falls diese jedoch vorher bereits vom Erben veräußert worden ist, zählt der erzielte Erlös. Es kann daher vorkommen, dass der auszugleichende Wert im Vergleich zum Übertragungszeitpunkt massiv gestiegen ist.

Wie wirkt sich die Ausgleichung auf die Erbanteile aus?

Die lebzeitige, unentgeltliche Zuwendung wird in die Berechnung des Gesamtnachlasses miteinbezogen und an die Erbquote des jeweiligen Empfängers angerechnet.

Muss der begünstigte Erbe die Ausgleichssumme an seine Miterben auszahlen?

Der begünstigte Erbe kann entweder den Vermögenswert, den er erhalten hat, in natura in den Nachlass einwerfen (Realkollation) oder – falls er das nicht will – muss er sich den entsprechenden Wert bei der Erbteilung anrechnen lassen (Idealkollation).

Falls allerdings der Wert der Zuwendung seinen Erbanteil übersteigt und der Erbe den Mehrbetrag ausgleichen muss, hat er diesen Mehrbetrag, falls er die Idealkollation wählt, in Geld zu leisten.

Wie wirkt sich die Ausgleichung auf eine überschuldete Erbschaft aus?

Falls die Zahlungsunfähigkeit des Erblassers entweder amtlich festgestellt oder offenkundig ist, vermutet das Gesetz die Ausschlagung der Erbschaft. Das bedeutet für die Ausgleichung Folgendes: Der Erbe, welcher die Zuwendung erhalten hat, haftet den Gläubigern des Erblassers insoweit, als er vom Erblasser innerhalb der letzten 5 Jahre vor dessen Tod Vermögenswerte erhalten hat, die der Ausgleichung unterworfen sein würden.

Falls die Zahlungsunfähigkeit des Erblassers entweder amtlich festgestellt oder offenkundig ist, vermutet das Gesetz die Ausschlagung der Erbschaft.

Kann die Ausgleichungspflicht umgangen werden?

Das ist möglich.

a) Durch den Erblasser selber: Er kann bestimmen, ob eine lebzeitige Zuwendung auszugleichen ist oder nicht. Es ist nicht notwendig, dass diese Anordnung in einem Testament oder in einem Erbvertrag festgehalten wird, es reicht Schriftlichkeit aus. Also kann der Erblasser dies auch später in einem Brief oder Schriftstück erledigen.

b) Durch den Erben: Subjekte der Ausgleichung können nur Erben sein, welche die Erbenstellung tatsächlich erlangen und diese auch behalten. Das heißt, ein Erbe kann z.B. das Erbe ausschlagen und unterliegt dann nicht mehr der Ausgleichungspflicht.

Am besten ist es, klare Regelungen in einer Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) festzuhalten.

Unbedachte Nachlassplanung kann mitunter den Familienfrieden stören. Wie unterstützen Sie Ihre Klienten bestmöglich bei dieser Thematik?

Am besten ist es, klare Regelungen in einer Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) festzuhalten. Was auszugleichen ist und was nicht, sollte festgehalten werden.

Haben Sie abschließend hinsichtlich Ausgleichungspflicht noch einen Tipp für unsere User?

Der Schenker, also der künftige Erblasser, sollte die Befreiung von der Ausgleichungspflicht unbedingt schriftlich festhalten. Bestenfalls erfolgt dies bereits im Testament oder Erbvertrag, ansonsten kann er auch ein zusätzliches Schriftstück aufsetzen und der Verfügung beilegen. Auf diese Weise ist die entsprechende Verfügung im Todesfall auffindbar und es kann Missverständnissen vorgebeugt werden.

Dr. iur. Hans Henzen
Dr. iur. Hans Henzen

Rechtsanwalt für Erbrecht

Fragen zum Thema Ausgleichungspflicht?
Rechtsanwalt Dr. iur. Hans Henzen informiert Sie gerne in einem persönlichen Gespräch ausführlich zum Thema Ausgleichung beim Erben. Er beantwortet Ihre Fragen und berät Sie zu Ihren Rechten und juristischen Optionen.

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